Leitfaden für ein erfolgreiches akustisches Gondelmonitoring von Fledermäusen an Windenergieanlagen
Ein Gondelmonitoring ist derzeit die beste Wahl, um das Gefährdungspotential für Fledermäuse an Windenergieanlagen abzuschätzen. Es handelt sich dabei um eine akustische Aktivitätserfassung der Fledermäuse und ist bereits in vielen Bundesländern behördlich vorgeschrieben. Totfundsuchen oder Wärmeoptische Verfahren sind zwar auch eine praktikable und direkte Möglichkeit, die Fledermausaktivität bzw. Schlagopfer an Windenergieanlagen nachzuweisen, beide sind aber wesentlich aufwändiger und kostenintensiver. Das Prinzip, auf dem eine akustische Aktivitätserfassung und eine anschließende Gefährdungsabschätzung basiert, ist recht einfach: Fledermäuse stoßen während des Flugs fast fortwährend Rufe im Ultraschallbereich aus, die man mit entsprechenden Mikrofonen aufnehmen kann. Aus der Häufigkeit, mit der solche Rufe in Gondelnähe aufgezeichnet werden, kann man in Verbindung mit der zu dem Zeitpunkt vorherrschenden Windgeschwindigkeit das Gefährdungspotential für die Fledermäuse am jeweiligen Standort abschätzen und daraus fledermausfreundliche Betriebsalgorithmen für die Windenergieanlage entwickeln (siehe Brinkmann et al. 2011). Mittlerweile gibt es auch das Softwaretool ProBat, das aus den akustischen Daten des Gondelmonitorings und den Winddaten entsprechende Betriebsalgorithmen berechnen kann. Um hierbei aussagekräftige Daten zu erhalten, ist es essentiell, dass die Fledermausrufe über einen möglichst großen Zeitraum erfasst werden.
Zeiträume für ein Gondelmonitoring
Um einen Mindeststandard bei der akustischen Aktivitätserfassung zu garantieren, sind die Zeiträume, in welchen das Gondelmonitoring durchzuführen ist, von behördlicher Seite vorgeschrieben. Hierbei ist zu beachten, dass diese von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Meist soll für zwei Jahre jeweils während des Aktivitätszeitraums der Fledermäuse zwischen April und Oktober beprobt werden, wobei der Hauptaktivitätszeitraum zwischen 01.07. und 30.09. liegt. Das sind lange Zeiträume und die Schwierigkeit, ein erfolgreiches Fledermaus-Monitoring durchzuführen, liegt darin, die Geräte möglichst durchgehend ohne größere Unterbrechungen oder Datenverluste zu betreiben. Wird weniger als 75% des Aktivitätszeitraums beprobt, wird die Berechnung der Fledermausgefährdung ungenau. Wird weniger als 66% des Aktivitätszeitraums beprobt, ist es kaum mehr möglich, Aussagen zu treffen. Ebenso ist eine Auswertung mit dem Softwaretool ProBat dann nicht mehr möglich. Um das zu vermeiden, ist es notwendig, beim Gondelmonitoring möglichst zuverlässige Detektor-Systeme einzusetzen. Die häufigsten Gründe für ungültige Messzeiträume und einem damit verbundenen Erfassungsausfall sind:
- Abnahme der Mikrofonempfindlichkeit (z.B. durch Feuchtigkeit, Schmutz)
- Ausfall des Detektorsystems, beispielsweise durch Stromabschaltungen
- Störungen durch Störgeräusche im Ultraschallbereich
- Volllaufen der Speichermedien
Aufnahmen verursacht durch Störgeräusche
Meist sind die beiden letztgenannten Punkte miteinander verknüpft. Durch Störungen werden Aufnahmen ausgelöst und gespeichert, was zu einer schnellen Erschöpfung der Speicherkapazität des Erfassungssystems führen kann. Deshalb muss es zum einen vermieden werden, dass Störungen Aufnahmen verursachen, zum anderen müssen Speichermedien gewählt werden, die groß genug sind, um gelegentliche Störaufnahmen beim Gondelmonitoring abzufangen. Solche Störaufnahmen können beispielsweise durch Netzteile, die oft Signale im Ultraschallbereich produzieren, durch Metallgegenstände, die aneinander stoßen, oder durch elektromagnetische Einstrahlung erzeugt werden. Um Aufnahmen durch Störungen zu umgehen, verwenden die meisten Detektorsysteme nur recht unspezifische Bandpassfilter. Das bedeutet, nur Ultraschallsignale in einem bestimmten Frequenzbereich können Aufnahmen auslösen bzw. triggern. Allerdings gibt es auch viele Störungen, die in dem für Fledermausrufe typischen Frequenzbereich (15 - 80 kHz, für europäische Fledermäuse und Rufe im freien Luftraum) liegen. Deswegen ist im BATmode-System zusätzlich ein auf der Avisoft RECORDER-Software basierender Fledermausruffilter - auch „Bat Call Trigger Filter“ genannt - integriert, der spektrogrammbasiert gezielt akustische Charakteristika von Fledermausrufen identifiziert und so dafür sorgt, dass sehr selektiv Fledermausrufe aufgezeichnet werden.
Erfassungsreichweite an Windkraftanlagen
Die Gefährdung für Fledermäuse an Windenergieanlagen geht hauptsächlich von den Rotoren aus, weshalb es wichtig ist, dass die eingesetzten Detektoren die Fledermausaktivität in einem möglichst großen Bereich dieser „rotor swept area“ erfassen können. Da die Rotordurchmesser über die letzten Jahre stetig gewachsen sind und heutzutage bis zu 126 m (Radius 63 m) betragen, sind folglich recht große Erfassungsreichweiten nötig, die auch in einzelnen Bundesländern bereits gefordert werden. Die Erfassungsreichweite wird hierbei im Wesentlichen durch die Dämpfung der Ultraschallrufe in Luft bestimmt, welche dem Einfluss unterschiedlicher Parameter unterliegt. Um dies zu verdeutlichen, ist in den Abbildungen 1, 2 und 3 die Schalldämpfungskonstante α als Funktion der Schallfrequenz f, der relativen Luftfeuchte φ und der Temperatur t dargestellt.
Auf Grund dieser Dämpfung ist es selbst für relativ tiefe Frequenzen (20 kHz) kaum möglich, omnidirektionale Erfassungsreichweiten über 80 m zu erzielen. Die oftmals von Herstellern aber auch in Berichten oder Leitfäden angegebenen enormen Reichweiten für verschiedene Detektorsysteme können nur durch den Einsatz sehr direktionaler Mikrofone erzielt werden. Als Beispiel ist hierbei ein Kondensatormikrofon mit einer großen Membran zu nennen, das zwar durchaus sehr empfindlich sein kann und damit große Erfassungsreichweite erzielt, dies allerdings nur bei frontalem Schalleinfall. Bei seitlichem Schalleinfall sind solche Systeme jedoch extrem unempfindlich und folglich ist das Erfassungsvolumen sehr ungleichmäßig verteilt, wodurch die „rotor swept area“ nur schlecht abgebildet werden kann. Deshalb ist es essentiell, kleinere Mikrofone zu verwenden, welche auf Grund ihrer überlegenen Omnidirektionalität ein nahezu halbkugelförmiges Erfassungsvolumen abbilden können (siehe Abbildung 4 und 5). Ein weiterer maßgebender Faktor für die Erfassungsreichweite eines Detektors ist die sogenannte „Triggerschwelle“, also der Schalldruckpegel, ab der ein Signal eine Aufnahme auslöst. Je niedriger diese Schwelle ist, desto größer ist die Reichweite des Detektors. Die erhöhte Erfassungsreichweite sorgt dafür, dass ein größerer Bereich der Rotoren „beobachtet“ wird und so das Gefährdungspotential der Fledermäuse präziser abgeschätzt werden kann. BATmode wird standardmäßig mit einer Schwelle von -37 dB SPL ausgeliefert, was im Vergleich zu anderen Geräten ein sehr niedriger Schwellenwert ist, wodurch ein großes Erfassungsvolumen ermöglich wird (siehe Abb. 4 und 5). Prinzipiell ist es natürlich auch stufenlos möglich, jeden beliebigen anderen Wert als Triggerschwelle einzustellen. Niedrigere Schwellenwerte können für das Gondelmonitoring allerdings nicht empfohlen werden, da dies die Gefahr für trotz bat call filter aufgenommene Störungen signifikant erhöht. Demgegenüber steht eine Verkleinerung der Erfassungsreichweite und des -volumens bei einer entsprechenden Erhöhung der Triggerschwelle. Da es sich beim Schalldruckpegel um ein logarithmisches Maß handelt, sei zu beachten, dass die Erniedrigung der Schwelle um 6 dB zu einer Halbierung der Erfassungsreichweite führt und sich das Volumen folglich auf ca. ein Viertel verkleinert. Da die Erfassungsreichweite zudem wie oben erwähnt von der Frequenz abhängt, würden sich für die Erfassung von hochrufenden Fledermausarten (z.B. Gattung Pipistrellus) dann nur noch sehr kleine Erfassungsvolumina ergeben (siehe Abb. 4). Weiterhin gilt zu beachten, dass eine erhöhte Erfassungsreichweite nicht zwangsläufig zu mehr Aufnahmen führt. Der lange Posttrigger des BATmode-Systems führt vielmehr dazu, dass Fledermausrufe nicht in einzelne Dateien zerlegt, sondern ganze Rufsequenzen aufgezeichnet werden (siehe Abb. 7 und 8). Dies erleichtert die Bestimmung der Rufe maßgeblich.
Mikrofone
Wie bereits im vorherigen Kapitel erläutert, sind die eingesetzten Mikrofone für ein sinnvolles und damit auch erfolgreiches Gondelmonitoring von zentraler Bedeutung. Es ist zum einen wichtig, ein Mikrofon zu wählen, das im Hauptfrequenzbereich von Fledermausrufen (15 - 80 kHz) eine möglichst hohe Empfindlichkeit sowie einen flachen Frequenzgang aufweist. Weiterhin sollte das Mikrofon, wie bereits erwähnt, möglichst omnidirektional (also auch seitlich einfallenden Schall aufnehmen) und zudem unempfindlich gegenüber Umwelteinflüssen sein. Elektretmikrofone der Firma Knowles haben sich seit Jahren für den Einsatz beim Gondelmonitoring an Windenergieanlagen bewährt. Diese kleinen Mikrofone sind im Gegensatz zu beispielsweise großen Kondensatormikrofonen, wie sie von manch anderen Herstellern verwendet werden, omnidirektional und haben damit das im Gondelmonitoring geforderte gleichmäßige kugelförmige Erfassungsvolumen. Im BATmode-System sind die Knowles Elektretmikrofone in einer stabilen, spritzwassergeschützten Aluminiumscheibe verbaut, in die zusätzlich eine Mikrofonheizung integriert ist. Indem diese Kondensatbildung am Mikrofon vermeidet, sorgt sie für eine gleichmäßige Mikrofonempfindlichkeit und schützt zugleich das Mikrofon vor Beschädigung, da eine Kondenswasseransammlung auf der Mikrofonmembran ausgeschlossen wird.
Zuverlässigkeit der Systeme
Von besonderer Bedeutung für die Erfassung von Fledermäusen in den Gondeln von Windenergieanlagen ist die Zuverlässigkeit der Detektorsysteme auch unter den vorherrschenden schwierigen Bedingungen – extreme Temperaturschwankungen, Vibration, Schmutz, Stromausfälle, elektromagnetische Störfelder von Generator und Umrichter. Deshalb kann das BATmode-System in der eigens entwickelten BATbox verbaut werden. Diese schützt das System effektiv vor Schmutz und mechanischer Beschädigung und kann auf Grund ihrer geringen Abmaße einfach in die Gondel gebracht und installiert werden. Besonders problematisch ist es, wenn es auf Grund der vorherrschenden Bedingungen zur Beschädigung der Speichermedien kommt. Aus diesem Grund werden im BATmode-System die Daten durch ein tägliches Backup auf zwei Speichermedien gesichert. Im Falle eines Stromausfalls kann mit Hilfe der in der BATbox integrierten unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) das System noch über mehrere Stunden weiter betrieben werden. Sollten längere Spannungsausfälle eintreten, fährt das BATmode-System bei wiederkehrender Spannung automatisch wieder hoch und nimmt das Monitoring selbstständig mit den vorherigen Einstellungen wieder auf. Um den elektromagnetischen Störfeldern zu begegnen und eine Einstreuung dieser in das Mikrofonsignal zu vermeiden, hat das BATmode-System einen Mikrofonvorverstärker in der Mikrofonscheibe integriert. In Kombination mit den geschirmten Kabeln werden so sehr lange Kabellängen möglich. Dies hat den Vorteil, dass Mikrofonscheibe und BATmode-System an unterschiedlichen Stellen in der Gondel eingebaut werden können und das System somit flexibel an verschiedene Anlagentypen angepasst werden kann.
Kontrolle der Erfassungssysteme
Ein wichtiger Punkt, um bei einem Gondelmonitoring einen in möglichst vielen Zeiträumen gültigen Datensatz zu erhalten, ist die regelmäßige Kontrolle der Erfassungssysteme. Da Kontrollen vor Ort in der Gondel mit sehr hohen Kosten und Aufwand verbunden sind (Anfahrt, Bereitstellung eines Service-Teams des Anlagenherstellers, Abschaltung der Windenergieanlage,…), bieten die meisten Systeme Möglichkeiten der Fernüberwachung an, z.B. über eine Status-SMS, in der Informationen zur aktuellen Mikrofonempfindlichkeit, zum Füllstand des Speichermediums und zur Anzahl der aufgenommenen Rufe enthalten sind. Diese erlauben es, den gegenwärtigen Status des Systems zu bestimmen, um bei Bedarf eingreifen zu können und Ausfallzeiten somit so gering wie möglich zu halten. Die Kosten, die im Fall einer benötigten Wartung anfallen, können hierdurch jedoch nicht reduziert werden. Um wartungsbedingte Gondelaufstiege gänzlich zu vermeiden, ist ein bidirektionaler Zugriff auf das Erfassungssystem nötig, welcher es auch erlaubt, Einstellungen zu ändern und erfasste Daten von den Anlagen herunterzuladen. Letzteres ist beispielsweise wichtig, um nicht nur zu wissen, ob Aufnahmen gemacht wurden, sondern ob in diesen Aufnahmen auch Rufe von Fledermäuse zu finden sind – denn in einzelnen Bundesländern muss die Fledermausaktivität zeitnah überprüft werden. Dies hat zur Folge, dass in regelmäßigen Abständen die Daten von der Windenergieanlage zugänglich gemacht werden müssen – mit den Fernzugriffmethoden des BATmode-Systems ist das aber kein Problem. Im Grunde sind unterschiedliche Wege des Fernzugriffs denkbar. Essentiell ist, dass von einem Erfassungssystem nicht nur eine Zugriffsmöglichkeit abgedeckt wird, da auf Grund standort- und bauartspezifischer Bedingungen an der Windenergieanlage oftmals einzelne Zugriffswege nicht realisierbar sind. Um auch an in dieser Hinsicht schwierigen Anlagen stets den System-Zugriff aus der Ferne zu ermöglichen, bietet das BATmode-System mehrere Zugriffswege (siehe Abb. 6), deren Funktionsumfang und Voraussetzungen im Folgenden erläutert werden:
- SMS
- Benötigt Mobilfunkempfang am Windenergieanlagen-Standort
- Erlaubt Status- und Fernsteuerungs-SMS
- Kein Datendownload möglich
- Mobile Breitbandverbindung (3G, HSPA, EDGE,…)
- Benötigt Mobilfunkempfang mit ausreichender Übertragungsgeschwindigkeit am Windenergieanlagen-Standort
- Erlaubt Nutzung des Cloudservice myBAT, Status-Mail und Vollzugriff auf das System
- Datendownload möglich
- WLAN
- Verbindung vom Fuß der Anlage möglich
- Erlaubt Vollzugriff auf das System
- Datendownload möglich
- LAN über Internetverbindung der Windenergieanlage
- Muss vom Betreiber bereit gestellt werden
- Erlaubt Nutzung des Cloudservice myBAT, Status-Mail und Vollzugriff auf das System
- Datendownload möglich
Auswertung der Daten
Für ein erfolgreiches Gondelmonitoring empfiehlt es sich, auch bereits während der Datenerfassung regelmäßig die Aufnahmen manuell zu kontrollieren und sich Spektrogramme/Zeitsignale der Aufnahmen, beispielsweise mit den Programm BATscreen, anzusehen (beispielhafte Rufsequenzen siehe Abb. 7 und 8). So kann man frühzeitig Probleme wie dauerhafte Störaufnahmen oder falsche Einstellungen (zu kurzer Postrigger oder ähnliches) erkennen und darauf reagieren. Wie oben erwähnt, bietet BATmode zahlreiche Fernzugriffmöglichkeiten auf das System, sodass eine Datenkontrolle während des Monitorings leicht möglich ist. Nach dem abgeschlossenen Gondelmonitoring sollen die Aufnahmen ausgewertet werden, um verschiedene Artgruppen festzulegen und eventuelle Störaufnahmen herauszufiltern. Das auf dem BATmode installierte Aufnahme-Programm RECORDER kann neben dem Monitoring auch dazu verwendet werden, aufgenommene Daten automatisiert auszuwerten. So kann beispielsweise auch im Nachgang noch eine höhere Triggerschwelle angesetzt werden oder die Aufnahmen verschiedenen Artgruppen zugeordnet und Störaufnahmen herausgefiltert werden. Da ein automatisierter Fledermauserkennungsalgorithmus nie gänzlich fehlerfrei arbeiten kann, ist zur Erzielung möglichst kurzer Abschaltzeiten eine manuelle Nachkontrolle der bereits kategorisierten Aufnahmen unverzichtbar. Hierfür eignet sich ebenfalls bestens BATscreen, welches eine schnelle und effiziente manuelle Kategorisierung der Aufnahmen erlaubt. Die Auswertung kann anschließend in das Programm ProBat importiert werden. Dies ermöglicht die direkte Berechnung von fledermausfreundlichen Betriebsalgorithmen, welche anschließend in die Steuerung der Anlage eingespeist werden können. Wie bereits erwähnt, ist es zur Berechnung des Betriebsalgorithmus essentiell, dass das Gondelmonitoring über einen möglichst langen Zeitraum durchgeführt wurde. Bitte beachten Sie neben den jeweiligen Richtlinien der Bundesländer auch die Datenvoraussetzungen von ProBat.